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Recht / Zivilrecht 
Dienstag, 05.03.2024

Vertragsparteien können trotz Nichtvorliegens einer Pauschalreise Geltung des Pauschalreiserechts vereinbaren

Auch wenn die Voraussetzungen für eine Pauschalreise nicht vorliegen, können die Vertragsparteien die Geltung des Pauschalreiserechts (§§ 651 ff. BGB) vereinbaren. Dann liegt eine sog. gewillkürte Pauschalreise vor. So entschied das Landgericht Frankfurt (Az. 2-24 S 166/22).

Im Jahr 2019 buchte eine Frau über ein Online-Reisebüro einen Hotelaufenthalt in Los Angeles für September 2020 und tätigte eine Anzahlung. Den Flug buchte sie separat. Die AGB des Online-Reisebüros erklärten das Pauschalreiserecht für anwendbar. Zudem regelte eine Klausel die Stornokosten im Falle eines Reiserücktritts. Danach war eine angemessene Entschädigung fällig, “soweit der Rücktritt nicht von uns zu vertreten ist oder am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Reise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen”. Nachfolgend kam es zum Ausbruch der Corona-Pandemie, in dessen Folge die Frau ihre Reise im Juli 2020 stornierte. Das Online-Reisebüro machte daraufhin Stornokosten in Höhe von 655 Euro geltend. Die Frau hielt das für unzulässig und klagte auf vollständige Rückzahlung ihrer Anzahlung. Das Amtsgericht Frankfurt gab dem statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Online-Reisebüros.

Das Landgericht Frankfurt bestätigte jedoch die Entscheidung der Vorinstanz. Der Kundin stehe ein Anspruch auf vollständige Rückerstattung der Anzahlung zu. Die Klausel zur Entschädigungszahlung sei unwirksam, da diese dem Leitbild des § 651h Abs. 3 Satz 1 BGB widerspreche. Die Regelungen des Pauschalreiserechts fänden hier Anwendung, da dies die Parteien vereinbart hatten. Es liege eine sog. gewillkürte Pauschalreise vor. Es sei zu beachten, dass das Pauschalreiserecht nicht zwingend sei, sondern dispositiv. Eine Besserstellung der Kunden durch die Anwendung der Schutzvorschriften des Pauschalreiserechts sei zulässig. Die Klausel zur Entschädigungszahlung sei hier unwirksam, da sie im Rahmen der kundenfeindlichsten Auslegung nur so verstanden werden könne, dass eine Entschädigung auch dann fällig werde, wenn am Bestimmungsort außergewöhnliche, die Reise erheblich beeinträchtigende Umstände vorliegen. Dies widerspreche dem § 651h Abs. 3 Satz 1 BGB. Nach dieser Vorschrift habe der Reiseveranstalter das Risiko des Eintritts außergewöhnlicher Umstände zu tragen, wenn dadurch die Pauschalreise erheblich beeinträchtigt wird. Die von dem Online-Reisebüro verwendete Klausel kehre diese Risikoverteilung um und lege dem Reisenden das Risiko der Undurchführbarkeit oder erheblichen Beeinträchtigung der Reise auf.

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